Die BR 156 - Eine Lokomotive zur falschen Zeit


Die Geschichte der Baureihe 156 ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie technologischer Fortschritt und ungünstiges Timing das Schicksal eines Lokomotivprojekts besiegeln können. Als Weiterentwicklung der bewährten DR-Baureihe 250 geplant, kam die BR 156 nie über das Planungsstadium bzw die 4 Prototypen hinaus - und das aus gutem Grund.

## Die historischen Wurzeln

Die BR 156 sollte ursprünglich als Modernisierung der in der DDR entwickelten BR 250 (später BR 155) dienen. Die BR 250 war in den 1970er Jahren eine erfolgreiche Konstruktion für den schweren Güterverkehr, die sich durch Robustheit und Zuverlässigkeit auszeichnete. Allerdings basierte sie noch auf der Thyristor-Technik der 1970er Jahre.

## Technische Konzeption und ihre Schwächen

Die geplante BR 156 sollte folgende Merkmale aufweisen:
- Modernisierte Leistungselektronik
- Verbesserte Steuerung
- Höhere Leistung von etwa 5.600 kW
- Maximale Geschwindigkeit von 125 km/h

Doch genau hier lag das Problem: Die vorgesehene Technik war bereits zum Zeitpunkt der Planung nicht mehr zeitgemäß.

## Warum die BR 156 obsolet war

### 1. Überholte Antriebstechnik
Während die BR 156 noch auf verbesserter Thyristor-Technik basieren sollte, hatte sich in den 1990er Jahren bereits die GTO-Thyristor-Technologie und später die IGBT-Technik durchgesetzt. Diese moderneren Technologien boten:
- Bessere Energieeffizienz
- Geringeren Wartungsaufwand
- Präzisere Steuerungsmöglichkeiten
- Niedrigeres Gewicht der Komponenten

### 2. Neue Konkurrenz
Mit der Deutschen Wiedervereinigung standen plötzlich moderne Alternativen zur Verfügung:
- Die BR 120 der DB mit ihrer zeitgemäßen Drehstromtechnik
- Die sich in Entwicklung befindliche BR 145/146-Familie
- Internationale Konkurrenzprodukte wie die Siemens EuroSprinter-Familie

### 3. Wirtschaftliche Aspekte
Die Entwicklung einer neuen Lokomotive mit veralteter Technik wäre wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen gewesen:
- Hohe Entwicklungskosten
- Geringer Effizienzgewinn gegenüber der BR 155
- Keine Exportchancen aufgrund der überholten Technologie

## Das Erbe

Obwohl die BR 156 nie gebaut wurde, hatte das Projekt dennoch seinen Wert: Die gesammelten Erkenntnisse und Überlegungen flossen in die Entwicklung modernerer Lokomotiven ein. Die robuste Grundkonzeption der BR 250/155 bewährte sich noch viele Jahre im Betriebsdienst.

## Fazit

Die BR 156 ist ein lehrreiches Beispiel dafür, wie schnell technische Entwicklungen in der Eisenbahnindustrie voranschreiten können. Was in den 1980er Jahren noch als zukunftsweisend galt, war zur Zeit der möglichen Realisierung bereits überholt. Die Entscheidung gegen den Bau der Lokomotive erwies sich im Nachhinein als richtig und zeigt, wie wichtig es ist, bei der Entwicklung neuer Fahrzeuge stets die aktuellsten technischen Möglichkeiten zu berücksichtigen.

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