Die Geschichte der Firma Pinzgau: Von österreichischen Wurzeln zum globalen Militärfahrzeughersteller

## Die Anfänge in Österreich

Die Geschichte der Pinzgau-Fahrzeuge begann in den frühen 1960er Jahren in Österreich. Benannt nach der Region Pinzgau im Bundesland Salzburg, wurden diese robusten Allradfahrzeuge ursprünglich von Steyr-Daimler-Puch entwickelt. Das Unternehmen hatte seinen Hauptsitz in Graz und war bereits für die Produktion verschiedener Fahrzeuge bekannt, darunter der legendäre Puch G (später als Mercedes G-Klasse bekannt).

Die Entwicklung der Pinzgau-Fahrzeuge begann als Antwort auf die Anforderungen des österreichischen Bundesheeres nach einem zuverlässigen, geländegängigen Militärfahrzeug. Das Ziel war klar: Ein Fahrzeug zu schaffen, das extremen Geländebedingungen standhalten und gleichzeitig vielseitig einsetzbar sein sollte.

## Technische Innovation und Design

Der erste Pinzgau wurde 1971 vorgestellt und zeichnete sich durch mehrere technische Innovationen aus:

- Einen zentralen Rohrrahmen mit Portalachsen, der eine außergewöhnlich hohe Bodenfreiheit ermöglichte

- Einen luftgekühlten Boxer-Motor, der auch unter extremen Bedingungen zuverlässig funktionierte

- Einzigartige Allradtechnik mit zuschaltbarem Vorderradantrieb und Differenzialsperren

Das Fahrzeug wurde in zwei Hauptvarianten produziert: Der 710 mit 4x4-Antrieb und der 712 mit 6x6-Antrieb. Beide Modelle waren in verschiedenen Ausführungen erhältlich, darunter Mannschaftstransporter, Sanitätsfahrzeuge, Werkstattwagen und Funkfahrzeuge.

## Internationale Verbreitung

Der Erfolg des Pinzgau beschränkte sich nicht nur auf Österreich. Bald erkannten auch andere Länder die herausragenden Eigenschaften dieser Fahrzeuge. In den 1970er und 1980er Jahren wurden Pinzgau-Fahrzeuge an zahlreiche Armeen weltweit exportiert, darunter:

- Großbritannien

- Schweiz

- Saudi-Arabien

- Malaysia

- Neuseeland

- Bolivien

Besonders die britische Armee setzte stark auf den Pinzgau und beschaffte über 1000 Fahrzeuge für verschiedene Einsatzzwecke.

## Eigentümerwechsel und Weiterentwicklung

Im Laufe der Jahre durchlief die Produktion der Pinzgau-Fahrzeuge mehrere Eigentümerwechsel:

1. **1987**: Steyr-Daimler-Puch verkaufte die Nutzfahrzeugsparte an den britischen Konzern Leyland DAF.

2. **1990er Jahre**: Nach der Insolvenz von Leyland DAF übernahm Automotive Technik Ltd. in Großbritannien die Produktion.

3. **2005**: Stewart & Stevenson (später Armor Holdings) kaufte Automotive Technik.

4. **2007**: BAE Systems übernahm Armor Holdings und damit auch die Pinzgau-Produktion.

In der Zeit bei BAE Systems wurden die Fahrzeuge weiterentwickelt und mit modernen Komponenten ausgestattet. Insbesondere wurde die Schutztechnologie verbessert, um den Herausforderungen moderner Konflikte gerecht zu werden.

## Das Erbe von Pinzgau heute

Obwohl die Produktion neuer Pinzgau-Fahrzeuge in den 2010er Jahren eingestellt wurde, sind viele der robusten Fahrzeuge noch heute im Einsatz. Ihr Design und ihre technischen Lösungen haben die Entwicklung moderner Militärfahrzeuge nachhaltig beeinflusst.

Die Pinzgau-Fahrzeuge haben sich einen Ruf für außergewöhnliche Zuverlässigkeit und Geländegängigkeit erarbeitet, der bis heute Bestand hat. In Sammlerkreisen und bei Militärfahrzeug-Enthusiasten sind sie hochgeschätzt und werden oft liebevoll restauriert und gepflegt.

Viele ausgemusterte Pinzgau-Fahrzeuge haben zudem ein zweites Leben bei zivilen Nutzern gefunden – von Expeditionsfahrzeugen bis hin zu spezialisierten Einsatzfahrzeugen bei Rettungsdiensten in schwer zugänglichen Gebieten.

## Fazit

Die Geschichte der Firma Pinzgau ist ein faszinierendes Beispiel österreichischer Ingenieurskunst, die weltweite Anerkennung gefunden hat. Von den Bergen Salzburgs aus eroberte der Pinzgau die anspruchsvollsten Terrains der Welt und schrieb dabei ein wichtiges Kapitel in der Geschichte der Militärfahrzeuge.

Die Kombination aus innovativem Design, außergewöhnlicher Robustheit und vielseitiger Einsetzbarkeit machte den Pinzgau zu einem zeitlosen Klassiker, dessen Erbe auch heute noch spürbar ist – ein österreichisches Erfolgsprodukt, das für Qualität und Zuverlässigkeit unter extremsten Bedingungen steht.