Quora, ach Quora!
Eine Plattform, die einst versprach, das gesammelte Wissen der Menschheit zu bündeln, ist heute eher ein Sammelbecken für intellektuelle Luftgitarren-Solisten. Man betritt dieses digitale Kuriositätenkabinett und fragt sich, ob man versehentlich in einem Paralleluniversum gelandet ist, in dem das Prädikat "Denker" an jeden verteilt wird, der zwei zusammenhängende Sätze ohne allzu viele Rechtschreibfehler tippen kann. Und ja, das Kopfschütteln ob dieser geballten "Intelligenz" hat bei mir persönlich schon zu einem Schleudertrauma geführt.
Der Intelligenz-Diskurs – oder: Warum meine Nackenmuskeln leiden
Man kennt es: Man sucht eine ernsthafte Antwort auf eine komplexe Frage, vielleicht nach der genauen Funktionsweise von Quantenverschränkung oder dem Ursprung des Universums. Und was findet man? Eine Abhandlung darüber, wie man am besten seine Katzenhaare vom Sofa entfernt, verfasst von jemandem, der sich selbst als "erfahrener Lebensberater mit Schwerpunkt auf Tierfell-Entfernung" bezeichnet. Oder noch besser: Jemand stellt die Frage, ob Bananen eigentlich von links nach rechts wachsen, und erhält 73 Antworten, die von "Nein, natürlich nicht, das ist doch absurd!" bis zu einer pseudo-wissenschaftlichen Abhandlung über die Photosynthese von Bananenbäumen reichen, die so viele logische Sprünge macht, dass man beim Lesen das Gefühl bekommt, von einem Trampolin gefallen zu sein.
Das Schlimmste sind aber die sogenannten "Experten". Jeder zweite Quora-Nutzer scheint mindestens drei Doktortitel in obskuren Fachgebieten zu besitzen, die niemand jemals zuvor gehört hat. Vom "zertifizierten Emoji-Flüsterer" bis zum "promovierten Kaffeetassen-Analysten" – Quora ist das Mekka für alle, die schon immer mal eine akademische Abkürzung vor ihren Namen setzen wollten, ohne tatsächlich jemals eine Universität von innen gesehen zu haben. Und wehe, man wagt es, die Weisheit dieser selbsternannten Genies infrage zu stellen! Dann wird man mit einer Flut von pseudo-intellektuellen Beleidigungen und passiv-aggressiven Belehrungen überschüttet, die so verworren sind, dass man am Ende nicht mehr weiß, ob man dümmer geworden ist oder ob das eigene Gehirn einfach nur aufgegeben hat.
Vom "deep dive" zum freien Fall
Quora verspricht Tiefgang, aber liefert meist nur den freien Fall in eine Grube der Banalität. Fragen, die man sich eigentlich nur im volltrunkenen Zustand stellen würde ("Wenn ein Baum im Wald umfällt und niemand da ist, hört er sich dann an, als würde er sich über die Welt beschweren?"), werden mit der Ernsthaftigkeit einer Doktorarbeit behandelt. Und die Antworten? Nun, die sind oft so originell wie eine Steuererklärung: kopiert, eingefügt und mit ein paar Phrasen garniert, die man auf der ersten Seite eines Wikipedia-Artikels finden konnte.
Das ist keine Wissensplattform mehr, das ist eine digitale Bühne für Selbstdarsteller, die sich gegenseitig mit Halbwissen bewerfen und dabei so tun, als würden sie die großen Fragen der Menschheit beantworten. Und wir, die armen Seelen, die sich noch immer auf die Suche nach echtem Wissen begeben, stehen am Spielfeldrand und können nur noch den Kopf schütteln. Ein Schleudertrauma ist da nur die logische Konsequenz. Vielleicht sollte Quora demnächst einen Warnhinweis einblenden: "Achtung, kann zu akuten Nackenschmerzen und intellektueller Ernüchterung führen!"
In diesem Sinne: Bleibt gesund, liebe Wissenssuchende! Und wenn ihr das nächste Mal auf Quora unterwegs seid, nehmt sicherheitshalber eine Nackenstütze mit. Ihr werdet sie brauchen.
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