Teil 3: Von "Flaute" bis "Orkan" – Die Beaufort-Skala und moderne Windmessung
Guten Tag, liebe Wetterfreunde!
Heute widmen wir uns der Frage: Wie stark weht der Wind eigentlich genau? Eine scheinbar simple Frage mit erstaunlich komplexer Antwort!
Die bekannteste Methode zur Klassifizierung von Windstärken ist die Beaufort-Skala, entwickelt vom britischen Admiral Sir Francis Beaufort im Jahr 1806. Ursprünglich für die Seefahrt konzipiert, beschrieb sie die Auswirkungen des Windes auf Segelschiffe. Heute umfasst sie 13 Stufen von 0 (Windstille) bis 12 (Orkan).
Was viele nicht wissen: Die Beaufort-Skala basiert auf BEOBACHTUNGEN, nicht auf Messungen! Sie beschreibt, was bei bestimmten Windstärken passiert: Bei Beaufort 5 (29-38 km/h) "bewegen sich kleine Laubbäume", bei Beaufort 9 (75-88 km/h) "werden Dachziegel abgehoben". Erst nachträglich wurden diesen Stufen Geschwindigkeitsbereiche zugeordnet.
Die moderne Meteorologie misst natürlich präziser. Standard ist die 10-Minuten-Mittelwindgeschwindigkeit in m/s oder km/h, gemessen in 10 Metern Höhe über offenem Gelände. Zusätzlich werden Böen erfasst – kurzzeitige Windspitzen von wenigen Sekunden Dauer, die deutlich über dem Mittelwert liegen können.
Häufige Fehlerquellen bei Windmeldungen in den Medien:
1. Verwechslung von Mittelwind und Böen
2. Fehlende Angabe der Messhöhe (Wind nimmt mit der Höhe zu!)
3. Lokale Effekte durch Bebauung oder Topographie
Ein Beispiel: Wenn der Wetterbericht "Windstärke 7" meldet, bedeutet das eigentlich Mittelwinde von 50-61 km/h. Die Böen können dann durchaus 80-90 km/h erreichen! Die meisten Wetter-Apps zeigen jedoch nur einen Wert – oft ohne zu spezifizieren, ob es sich um Mittelwind oder Böen handelt. Ein Ärgernis für Meteorologen!
Moderne Windmessung erfolgt mit Schalenkreuz-Anemometern (für die Geschwindigkeit) und Windfahnen (für die Richtung). Zunehmend kommen auch Ultraschall-Anemometer zum Einsatz, die ohne bewegliche Teile auskommen und extrem präzise sind. Für großräumige Windfelder nutzen wir Wetterradare und satellitengestützte Systeme.
Besonders spannend: Doppler-Lidars, die mit Laserstrahlen arbeiten und dreidimensionale Windfelder in Echtzeit erfassen können. Mit ihnen lassen sich Turbulenzen, Scherwinde und Mikroböen visualisieren, die für die Luftfahrt kritisch sein können.
Eine Bitte an alle Wetterfrösche unter Ihnen: Notieren Sie bei Ihren eigenen Beobachtungen stets, ob es sich um geschätzte Beaufort-Werte oder gemessene Geschwindigkeiten handelt – und unterscheiden Sie zwischen Mittelwind und Böen. Nur so entstehen wissenschaftlich verwertbare Daten!
Morgen in Teil 4: Stürme, Orkane, Tornados – wenn der Wind zur Gefahr wird.
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