Warum ich 2008 die Politik endgültig zum Teufel geschickt habe



Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, geschätzte Politikverdrossene,

heute möchte ich Ihnen endlich enthüllen, warum ich vor 16 Jahren der ehrenwerten Institution namens Politik den Rücken gekehrt habe. Nein, es lag nicht an der Finanzkrise – die war nur das Sahnehäubchen auf dem Kuchen der Absurdität.

Es begann alles an jenem denkwürdigen Morgen, als ich feststellte, dass meine Krawatte mehr Rückgrat besaß als der durchschnittliche Parlamentarier. Während meine gestreifte Polyester-Schönheit tapfer dem Windhauch des Ventilators trotzte, beobachtete ich, wie sich meine Kollegen schneller drehten als ein Wetterfahne im Herbststurm.

In den Ausschusssitzungen wurde die hohe Kunst des Nicht-Entscheidens perfektioniert. Wir verbrachten Stunden damit, darüber zu diskutieren, ob wir überhaupt diskutieren sollten. Die einzige greifbare Entscheidung war die Wahl des Mittagessens – und selbst da bildeten sich drei Unterausschüsse.

Der Gipfel der Erleuchtung kam, als ich während einer "wichtigen" Debatte über die Regulierung von Briefkastenschlitzen bemerkte, dass meine Topfpflanze zu Hause produktivere Gespräche führte. Zumindest produzierte sie Sauerstoff, während im Plenarsaal hauptsächlich heiße Luft zirkulierte.

Das Fass zum Überlaufen brachte schließlich eine Klausurtagung zum Thema "Innovative Strategien für zukunftsorientierte Problemlösungsansätze in der modernen Politikgestaltung". Nach vier Stunden wurde klar: Der einzige innovative Ansatz wäre gewesen, tatsächlich etwas zu tun.

Die Erkenntnis traf mich wie ein nasser Sandsack: In der Politik geht es nicht darum, Probleme zu lösen, sondern darum, sie so lange umzuformulieren, bis niemand mehr weiß, worum es eigentlich ging. Währenddessen werden fleißig Arbeitsgruppen gebildet, die wiederum Arbeitsgruppen bilden, die dann Papiere verfassen über die Notwendigkeit weiterer Arbeitsgruppen.

2008 war das Jahr, in dem ich beschloss: Genug ist genug. Ichpackte meine Ideale in eine biologisch abbaubare Tüte (natürlich nach langem Ausschussverfahren zur Auswahl des korrekten Verpackungsmaterials) und warf sie in den Müll der Geschichte.

Heute führe ich bedeutend sinnvollere Gespräche – mit meinem Hund. Er hört zu, nickt an den richtigen Stellen und fällt mir nicht ins Wort. Außerdem ist er ehrlich: Wenn ihm etwas nicht passt, knurrt er einfach, anstatt eine dreißigseitige Stellungnahme zu verfassen.

An alle, die noch immer in den heiligen Hallen der Politik wandeln: Möge die Kraft des sinnlosen Aktionismus mit euch sein. Ich hingegen widme mich nun den wirklich wichtigen Dingen des Lebens – wie dem Sortieren meiner Socken nach Farbintensität. Immerhin eine Tätigkeit mit messbaren Ergebnissen.

Mit politikfreien Grüßen,
Ein Genesener

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