Teil 2: Vom Föhn bis zur Brise – Die Vielzahl lokaler Windphänomene



Guten Tag, liebe Wetterinteressierte!

Nach unserer gestrigen Einführung in die grundlegenden physikalischen Prozesse hinter Windentstehung, tauchen wir heute in die faszinierende Welt lokaler Windphänomene ein. Und glauben Sie mir: Diese sind oft wichtiger für Ihr tägliches Wettererleben als die großräumigen Strömungen!

Der wohl berühmteste lokale Wind im Alpenraum ist der Föhn. Entgegen populärer Mythen ist er KEIN "warmer Südwind aus der Sahara"! Diesen meteorologischen Unsinn liest man leider immer noch in manchen Publikationen. Der Föhn entsteht, wenn Luftmassen über ein Gebirge strömen und dabei Feuchtigkeit verlieren. Beim Absinken auf der Leeseite erwärmt sich die nun trockene Luft mit etwa 1°C pro 100 Höhenmeter – deutlich schneller als beim Aufstieg. Das Resultat: Warme, trockene und oft böige Winde, die in Föhntälern zu drastischen Temperaturanstiegen führen können. Nicht selten gibt es im Winter föhnbedingte Temperatursprünge von über 15°C innerhalb weniger Stunden!

An Küsten und großen Seen finden wir das tägliche Schauspiel der Land-See-Winde. Tagsüber erwärmt sich das Land schneller als das Wasser, warme Luft steigt auf, und kühlere Luft strömt vom Wasser zum Land – die erfrischende Seebrise entsteht. Nachts kehrt sich der Prozess um: Das Land kühlt schneller ab, und der Wind weht vom Land zum Wasser. Ironischerweise wird dieser Effekt in vielen Wettervorhersage-Apps komplett ignoriert, obwohl er für Millionen von Küstenbewohnern täglich relevant ist!

In Gebirgstälern beobachten wir Berg- und Talwinde. Tagsüber erwärmen sich die Hänge, Luft steigt auf und strömt talaufwärts. Nachts kehrt sich die Strömung um, kalte Luft fließt wie Wasser talabwärts. Diese Talauswinde können überraschend stark werden und lokal zu deutlich tieferen Temperaturen führen als von manchen Wettermodellen berechnet.

Besonders gefährlich sind Fallwinde wie Bora oder Mistral, die entstehen, wenn kalte Luftmassen über Gebirgspässe in wärmere Regionen stürzen. Die Bora an der Adriaküste erreicht regelmäßig Orkanstärke und kann Autos von der Straße fegen – während 10 km landeinwärts kaum ein Lüftchen weht!

Und dann gibt es noch Düseneffekte in Engstellen wie etwa dem Rheintal, wo der Wind kanalisiert und verstärkt wird. Solche lokalen Verstärkungen werden in grobmaschigen Wettermodellen oft unterschätzt – ein Grund mehr, warum pauschale Windvorhersagen für größere Regionen oft so daneben liegen!

Morgen in Teil 3: Die Beaufort-Skala und Windmessung – zwischen Tradition und Hightech.






Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Ein herzliches Dankeschön an einen unbekannten Podcasting-Engel

Der Held der Steine: Mehr als nur dänische Klemmbausteine

Alles Super? – Die vergessene Kultwerbung mit Super Ingo